Eisentaler Bürger investieren 40 000 Euro
Gesellschafterversammlung tagt am Freitag
Ein Bericht des Acher und Bühler Boten vom 06.11.2012 / Redaktionsmitglied Ulrich Coenen
Die Baustelle ist eingerichtet. Auf dem Gelände des ehemaligen Winzerkellers in Eisental soll in den nächsten Monaten das neue DORV-Zentrum entstehen. Foto: Margull
Die Eisentaler sind auf der Zielgeraden. Am Freitag um 20 Uhr findet im Gasthaus Auerhahn eine wichtige Gesellschafterversammlung der DORV-Gemeinschaft Eisental statt. Dabei handelt es sich um eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbB) mit beschränkter Haftung.
DORV ist übrigens kein Rechtschreibfehler wie die Eisentaler längst wissen. Die Abkürzung steht für Dienstleistung und ortsnahe Rundumversorgung. Bei der DORV-Gemeinsehaft in Eisental können die Bürger Anteile zeichnen, damit in der Mitte des nächsten Jahres ein neuer TanteEmma-Laden im DORV-Zentrum eröffnet werden kann, das zurzeit auf dem Gelände des ehemaligen Winzerkellers entsteht.
Ortsvorsteher Georg Feuerer ist mit dem bisherigen Engagement seiner Mitbürger zufrieden. 30 Prozent der Eisentaler Haushalte haben bisher Anteile an der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts gezeichnet, die den Laden finanzieren soll. Die Summe beläuft sich auf 40 000 Euro.
Diese GbR, deren Geschäftsführer Feuerer ist, wird am nächsten Freitag die DORV-Zentrum Eisental GmbH gründen, deren Geschäftsführer wiederum der zukünftige Marktleiter werden soll. "Die 25000 Euro Kapital, die der Gesetzgeber für die Gründung einer GmbH vorschreibt, haben wir längst zusammen", sagt Feuerer. Für den Start des Tante-Emma-Ladens reicht die Summe aber nicht. Feuerer kalkuliert für die Einrichtung, die Erstausstattung mit Waren und die ersten Gehälter mit 80000 bis 100000 Euro. Das fehlende Geld soll über Bankkredite finanziert werden. „Eine Eigenfinanzierungsquote von rund 50 Prozent ist ordentlich", meint der Ortsvorsteher.
Jeder Anteil an der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts kostet 50 Euro. Die meisten Teilhaber haben nach Auskunft Feuerers zwei bis fünf Anteile gezeichnet, manche auch nur einen Anteil. Es gibt aber auch Eisentaler, die gleich 1000 Euro investiert haben. Der Ortsvorsteher hofft auf weitere Anteilszeichner in den nächsten Wochen und Monaten. "Wir versprechen keine Rendite", sagt er. Ziel sei die Wiederbelebung der dörflichen Infrastruktur. „Dabei soll die Bevölkerung mitgenommen werden", berichtet Feuerer. „Das ist ihr Laden und ihr Zentrum."
Die Entscheidung für die Form der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts als Trägerin des DORV-Zentrums ist den Verantwortlichen im Eisentaler DORV-Team mit ihrem Sprecher Jürgen Lauten nicht schwergefallen. Georg Feuerer nennt die Gründe: „Eine Genossenschaft wäre zu aufwendig und außerdem mit hohen Kosten verbunden. In die GbR bringt jeder Eisentaler, der mitmachen will, seine Anteile ein. Die GbR stellt dann das Kapital für das DDRV-Zentrum in Form einer GmbH zur Verfügung." Eine Haftung der Anteilseigner bei einem Misslingen des Projekts ist damit ausgeschlossen. Lediglich die gezeichneten Anteile können verloren gehen.
Die Baustelle auf dem Gelände des ehemaligen Winzerkellers wurde nach dem offiziellen ersten Spatenstich Ende Juni inzwischen eingerichtet. ,"Baukran und Bagger stehen bereit", sagt Feuerer. „Es kann jederzeit losgehen." Wie berichtet, finanziert ein privater Investor das Gebäude, in dem neben dem DORV-Laden mit Cafe eine physiotherapeutische Praxis und Wohnungen Platz finden sollen.
Brötchen alleine reichen nicht
DORV-Gründer Heinz Frey stellt den Eisentalern ein gutes Zeugnis aus
Rühl/Jülich. Hinter dem DORV-Modll steht der Jülicher Stadtrat und Gymnasiallehrer Heinz Frey, der im Stadtteil Barmen vor acht Jahren einen zeitgemäßen Tante-Emma-Laden initiiert hat. Jetzt geben sich Kommunalpolitiker und Journalisten beim Fraktionsvorsitzenden der überparteilichen Wählergemeinsehaft JÜL die Klinke in die Hand, um sich über das erfolgreiche Konzept zu informieren. In Barmen war die Situation vor elf Jahren ähnlich wie heute in Eisental. Das Dorf mit seinen 1 400 Einwohnern verfügte ursprünglich über mehrere Lebensmittelgeschäfte, zwei Metzger und einen Bäcker, die nach und nach aufgaben. Als schließlich 2001 die Sparkassenfiliale dichtgemacht wurde, gab es überhaupt keine Infrastruktur mehr. Als zuständiger Stadtrat suchte Frey nach Alternativen. Weil sich große Lebensmittelketten wegen des kleinen Einzugsgebiets nicht begeistern ließen, entwickelte der Stadtrat gemeinsam mit Helfern auf ehrenamtlicher Basis ein Konzept für den ländlichen Raum, das Lebensmittelangebot und Dienst leistungvereinigt. Inzwischen gibt es nach dem Vorbild von Barmen eine ganze Reihe von Dorv-Läden. bei deren Vorbereitung Frey mitgewirkt hat. Dem Eisentaler Projekt stellt er ein sehr gutes Zeugnis aus. „40 000 Euro Startkapital sind gut", findet er. Ähnlich positiv sieht er die Zahl von 30 Prozent der Haushalte, die Anteile gezeichnet haben. „Das muss man loben", meint Frey. Dass der DORV-Laden mit einem Kredit starten soll, ist für den Jülicher normal. „Auch in Barmen hatten wir ein Existenzgründungsdarlehn in Höhe von 35 000 Euro, das wir inzwischen zurückgezahlt haben", berichtet er. Die Kalkulation des DORV-Teams in Eisental mit Jürgen Lauten und Georg Feuerer an der Spitze ist aus Sicht. Freys umsichtig. „Man kann bei der Einrichtung eines Ladens Geld sparen, wenn man auf eine gebrauchte Ausstattung zurückgreift", sagt er. 30 000 bis 40 000 Euro seien dann ausreichend, hinzu kämen rund 20 000 Euro für den ersten Wareneinkauf. Die Dorv-Läden bringen den Anteilseignern nach Ansicht Freys keinen finanziellen, sondern einen sozialen Profit. „Der Gewinn jedes Bürgers ist, dass er dort jeden Tag einkaufen kann", sagt er. „Sein Beitrag ist, dass er auch jeden Tag einkaufen geht, sonst trägt sich der Laden nicht.'' Die Barmener DORV-Gemeinschaft, die als Verein organisiert ist, verzichtet deshalb ganz bewusst auf Mitgliedsbeiträge, sondern appelliert an ihre Mitglieder, das Angebot des DORV-Zentrums intensiv zu nutzen. Inzwischen hat Frey ein Qualitätsmanagement aufgebaut. „Wir wollen Fehler erkennen, bevor sie gemacht werden'', erklärt er. Auf diese Weise sei es beispielsweise gelungen, den Umsatz eines DORV-Ladens in Düren innerhalb von nur drei Monaten um mehr als 30 Prozent zu steigern. „Wichtig ist, dass nicht nur Lebensmittel, sondern auch Dienstleistungen verkauft werden, beispielsweise Kfz-Anmeldungen", berichtet er. „Es rechnet sich nicht, nur Brötchen anzubieten."
Ulrich Coenen/Acher- und Bühler Bote